Mittelhochdeutsch

Für alles das in kein anderes Unterforum passt
Antworten
Benutzeravatar
Frank
Beiträge: 730
Registriert: 05 Mai 2018, 21:42
Wohnort: Meiningen
Kontaktdaten:

Mittelhochdeutsch

Beitrag von Frank »

Durch das Abschreiben mittelhochdeutscher Texte drängt es sich auf, daß man sich mit der Sprache befasse - mir ging es jedenfalls so. Es reizte mich dann allsogleich, ein Gedicht von W.v.d.Vogelweide lyrisch zu übersetzen, wobei ich mich auf ein Wörterbuch und Übersetzungen Dritter (welche sich allerdings wenig um Versmaß, Reim und Wort- bzw. Sinntreue scherten) stützte.

Spätestens bei der Übersetzung von Nhd. nach Mhd. wird aber die Grammatik zum echten Problem. Habt Ihr Euch schon damit beschäftigt, und wißt Ihr, wo man das im Netz (möglichst auf einfache Weise :lol: ) lernen kann?
Benutzeravatar
Frank
Beiträge: 730
Registriert: 05 Mai 2018, 21:42
Wohnort: Meiningen
Kontaktdaten:

Re: Mittelhochdeutsch

Beitrag von Frank »

Bei der erwähnten Übersetzung handelt es sich um ein Gedicht aus dem Codex Manesse, Seite 132, welches ich Euch nicht vorenthalten will. Vielleicht wißt Ihr ja gar Kritik:

Herzeliebe Fraue mein,
Gott geb' dir heut' und immer Güt'!
Könnt' ich besser sprechen dein,
des hätt' ich williges Gemüt.
Was soll ich mehr noch sagen dir,
als daß dir niemand holder ist,
denn ich? Davon ist wehe mir.

Sie verkennen, daß ich wandt
doch so zu Nieder'm meinen Sang,
die, was Lieb' sei, nie erkannt.
Des schilt sie meines Tadels Klang.
Stets aber Minne die nicht find't,
die da nach Gut und Schönheit seh'n.
O Weh, wer solcher Minne sinnt.

Ich ertrag's als ich ertrug
und als ich immer will ertragen.
Du bist schön und hast genug.
Was können die mir davon sagen?
Was man auch sagt - dir bin ich hold
und nehm dein gläsern Ringelein
für einer Königinne Gold.

Schönheit oft mit Schlechtem geht,
da streb' so sehre niemand hin.
Derhalben sie nach Liebe steht -
die ist dem Herzen groß Gewinn.
Die Liebe macht den schönen Leib,
so vermag die Schönheit nicht,
die machte nimmer liebes Weib.

Hast du Treu' und Stetigkeit,
so bin ich des der Sorge bar,
daß irgendmal ein Herzeleid
durch deine Schuld mir widerfahr.
Hast aber du der beiden nit,
so müssest mein du nimmer sein.
O Wehe, wann allso geschieht.
Benutzeravatar
Joachim
Beiträge: 18
Registriert: 03 Mai 2018, 19:19

Re: Mittelhochdeutsch

Beitrag von Joachim »

Wow, sehr schön!

Leider fehlte mir bisher immer die Zeit, mich mit der genauen Übersetzung zu befassen und ließ es meistens dabei, es möglichst vom Sinn her zu erfassen.
Benutzeravatar
Clemens
Beiträge: 913
Registriert: 03 Mai 2018, 02:52
Wohnort: Berlin

Re: Mittelhochdeutsch

Beitrag von Clemens »

Da ich historisches Fechten trainiere, arbeite ich auch sehr viel mit historischen Quellen, die zum großen Teil aus dem 15. Jahrhundert stammen und in Bastarda geschrieben sind. Womit ich sagen will das ich da auch recht viel "übersetze".

Was Übersetzungshilfen betrifft kenne ich nicht so viele. Schon gar keine die sich großartig mit Grammatik beschäftigen, wobei ich aber auch nicht denke das Grammatik im Mittelater ein großes Thema war. Es gab ja nicht mal einen Duden. So findet man manchmal in ein und derselben Schrift mehrere verschiedene Schreibweisen von ein und demselben Wort. Als wolle der Autor zeigen wie viele Arten er kenne das Wort zu schreiben.
Das einige was ich an Übersetzungshilfen kenne sind onlinewörterbücher.
Hier findest Du ein paar Links zu diesen: http://schiffsmond.net/index.php/links/ ... n-quellen/

Aber wozu willst Du es übersetzen? Ich benutze gerne die Originalschreibweise, da ich die alten Dialekte wirklich gerne mag. Sowohl euer Mittelhochdeutsch als auch mein Mittelniederdeutsch.
Natürlich lese ich mir die Texte vorher durch, da ich sie ja auch gern verstehen möchte. Aber beim kopieren übersetze ich sie nicht.
In omnibus requiem quaesivi, et nusquam inveni nisi in angulo cum libro [Thomas von Kempen]
Benutzeravatar
Frank
Beiträge: 730
Registriert: 05 Mai 2018, 21:42
Wohnort: Meiningen
Kontaktdaten:

Re: Mittelhochdeutsch

Beitrag von Frank »

Was die Übersetzung des Gedichts betrifft - da hatte ich eine spontane Anwandlung, gegen die ich mich nicht wehren konnte. Viel lieber aber würde ich in Mhd. dichten, und dazu bedarf es halt einiger grammatischer Kenntnisse. Da werde ich wohl noch ein paar Originaltexte lesen müssen, bis ich das nachahmen kann.

Vermutlich hat man aus der Grammatik damals keine Wissenschaft gemacht, aber gegeben hat es sie natürlich, sonst hätten die Sätze ja wie ein Orakel gedeutet werden müssen. Man hat sich halt verschiedener Mittel bedient, wie das heute auch noch der Fall ist (z.B. Dativ statt Genitiv, was nicht als fein gilt, aber verständlich ist) - dies aber immer noch im Rahmen gewisser Grundregeln.
Benutzeravatar
Clemens
Beiträge: 913
Registriert: 03 Mai 2018, 02:52
Wohnort: Berlin

Re: Mittelhochdeutsch

Beitrag von Clemens »

Vermutlich hat man aus der Grammatik damals keine Wissenschaft gemacht, aber gegeben hat es sie natürlich, sonst hätten die Sätze ja wie ein Orakel gedeutet werden müssen.
Womit Du sicher recht hast, aber dazu habe ich bisher nichts gefunden. Deinen Wunsch in Mundart zu dichten finde ich aber toll. Ich bin gespannt wie Du dabei vorwärts kommst. Ich habe mir auch mal ein paar Wele von Walter von der Vogelweide geholt, da ich das Thema auch interessant finde. Musste aber leider feststellen das ich einfach nicht die Zeit habe mich mit allem zu beschäftigen das ich interessant finde ... leider.
Beim ZVAB bekommt man die Werke von Walter von der Vogelweide auch schon recht preiswert. Teilweise mit interessanten Anmerkungen.
In omnibus requiem quaesivi, et nusquam inveni nisi in angulo cum libro [Thomas von Kempen]
Benutzeravatar
Frank
Beiträge: 730
Registriert: 05 Mai 2018, 21:42
Wohnort: Meiningen
Kontaktdaten:

Re: Mittelhochdeutsch

Beitrag von Frank »

Es hängt halt bei mir auch immer an der Zeit. Zu viele Interessen - zu viele Fäden in der Hand. Na mal sehen, was wird ...

Oh, da haben wir doch schon ein kleines Häppchen Unterricht: :)
https://www.youtube.com/watch?v=YoCGyf4oQd0
Antworten