Saftfarben und wie können sie haltbar gemacht werden

Als Saftfarben werden Farben bezeichnet, die im allgemeinen aus Pflanzenteilen wie, Blüten, Blättern, Beeren, oder Wurzeln hergestellt werden.
Zur Gewinnung der Farbe wird der in diesen Pflanzenteilen enthaltene Saft ausgepresst und meist durch die Zugabe von Alaun, manchmal auch Kreide, stabilisiert.
Denn Pflanzenfarben sind meist nicht sehr Lichtecht. Einige wenige verlieren nur ihre Leuchtkraft, andere dagegen verblassen mit der Zeit unter Lichteinstrahlung völlig.
Saftfarben sind in der Regel nicht deckend, sondern lasierend. Wobei die eine etwas mehr deckt, die andere etwas weniger, aber richtig deckend ist keine von ihnen.

Was jedoch in der Buchmalerei nicht so problematisch ist, da die Buchseiten auf denen sich die Malerei befindet, und damit auch die Saftfarben, dem Licht nur sehr selten ausgesetzt sind.

Die aus dem Pflanzen gewonnen Farben sind manchmal Gelb (Safranblüte* und Hagebutte*), mitunter Blau (Ligusterbeere. Heidelbeere und Kornblume), Violett (Mohnblume und Holunderbeeren), vor allem aber Grün (Raute, Ligusterbeere, Schwertlilie, Kreuzdornbeere, Nachtschatten).

Hier ein paar Farbproben verschiedener Saftfarben.

* Bei der Safranblüte und Hagebutte könnte man sich darüber streiten ob es sich wirklich um Saftfarben handelt, weil die Farbe aus den getrockneten Safranfäden und getrockneten Hagebutten gewonnen wird. Aber auch das Kreuzdornbeerengrün kann aus getrockneten Beeren gewonnen werden. Eine genaue Abgrenzung ist hier schwierig und vielleicht auch nicht nötig. Damit hätte ich hier unter anderem auch Brasilholz und Apfelbaumrinde erwähnen können.

Verwendung finden die Saftfarben in der Buchmalerei vor allem beim Schattieren von mineralischen Farben. Soll nur ein lasierender Farbeffekt auf weißem Grund erzielt werden, können sie aber auch zur alleinigen Farbgebung verwendet werden.
Das sie in der Buchmalerei ziemlich wichtig waren / sind, zeigt die große Menge der in den Mittelalterlichen Rezeptsammlungen überlieferten Rezepte zur Herstellung von Saftfarben.

Aus dem Bedarf an Saftfarben ergibt sich das Problem der auf bestimmte Jahreszeiten begrenzten Verfügbarkeit. Einerseits will der Buchmaler die Saftfarben stets zu Verfügung haben, da er die Farben vor allem zum Schattieren benötigt. Auf der anderen Seite sind die dafür benötigten Rohstoffe nur verfügbar, wenn sie gerade Blühen, die Beeren reif sind, etc.
Zwar können wie oben erwähnt einige Rohstoffe getrocknet werden, das ist jedoch nicht für alle eine gangbare Lösung.

Deshalb wurden Methoden ersonnen, wie sich die Saftfarben konservieren lassen, damit diese bei Bedarf ganze Jahr über zur Verfügung stehen.
Diese Lösungen sind; Tüchleinfarben, Muschelfarben und in Blasen eingedickter Farbsaft.

Tüchleinfarben

Tüchleinfarben, oder auch Farbfetzen, sind Stoffstreifen aus Leinen, die mit der gewonnen Saftfarbe getränkt werden. Anders als beim üblichen Färben von Stoff, soll die Farbe nicht an den Stoff gebunden / fixiert werden, sondern der Stoff soll die Farbe im Bedarfsfall möglichst komplett wieder abgeben.
Dazu werden die Leinenstreifen zunächst gebeizt um dann zwei, dreimal mit der Saftfarbe getränkt zu werden. Tüchleinfarben scheinen sich einiger Beliebtheit erfreut zu haben, denn es finden sich relativ viele überlieferte Rezepte, wie diese zubereitet werden sollen: Meist für den Saft von Heidelbeeren, Holunder, Kornblumen und Mohnblumen sowie Schwertlilien. Nach meiner Erfahrung lassen sich jedoch nahezu alle Saftfarben zu Tüchleinfarben verarbeiten.

Wobei viele Rezepte vermutlich die falsche Formulierung ist. Denn die Art der Zubereitung ist in den Rezepten, bis auf kleinere Abweichungen oder Ausführlichkeit der Beschreibung relativ identisch. Aber sie werden in vielen Rezeptsammlungen aufgeführt.

Die fertigen Tüchlein sollen nach dem Trocknen in Papier eingewickelt und in einem Holzkästchen verwahrt werden.

Benötigt man etwas von der Farbe, wird ein Stück von dem Tüchlein abgeschnitten und in eine Muschelschale oder ein anderes kleines wasserdichtes Behältnis gelegt. Anschließend wird etwas Wasser aufgegossen. Wobei man darauf achten muss, das richtige Verhältnis von Tüchlein und Wasser zu finden, da die Farbe sonst zu dünn wird.
Eine Zugabe von Bindemittel ist meist nicht nötig, da dem Farbsaft vor dem tränken der Tüchlein oft bereits Gummi arabicum hinzugefügt wird.
Nachdem das Tüchlein ein paar Minuten eingeweicht wurde, wird es nochmal zwischen den Fingern ausgepresst, fertig ist die Saftfarbe.

Oft kann der Rest der gerade gewonnen Farbe, nachdem sie eingetrocknet ist, als Muschelfarbe weiterverwendet werden. Das kommt jedoch immer auf die jeweilige Farbe an. Holunderbeersaft zum Beispiel verändert sich ins schwarze, womit sie dann nicht mehr zu gebrauchen ist.

Muschelfarben

Muschelfarben sind eine weite Methode Saftfarben zu konservieren. Im Grunde sind sie das gleiche wie der altbekannte Tuschkasten.
Die einzige Muschelfarbe die im allgemeinen heute noch zur Anwendung kommt, ist Muschelgold.

Die Zubereitung von Muschelfarben ist weit weniger Aufwändig als die von Tüchleinfarben. Der gewonnene Farbsaft wird mit etwas Gummi arabicum versetzt, evtl. wird ein Weichmacher wie Zucker oder Honig hinzugefügt, und anschließend in eine Muschelschale gefüllt um darin einzutrocknen.

Um die Farbe zu benutzen, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder wird, wie beim heutigen Tuschkasten, ein Pinsel befeuchtet und damit über die eingetrocknete Muschelfarbe gestrichen, bis der Pinsel Farbe aufnimmt (was zum Anfang etwas dauert, wenn die Farbe sich erst mal angelöst hat, geht es schneller).
Oder, es wird etwas Wasser auf die Farbe gegeben und man wartet bis die Farbe komplett durchgeweicht ist, um sie dann zu benutzen. Anschließend kann man die Farbe wieder eintrocknen lassen und ein anderes mal weiter verwenden.

Beide Methoden haben ihre Vor- und Nachteile. Bei der ersten Methode wird nicht soviel Farbe mit dem Pinsel aufgenommen, wie bei der zweiten. Dafür befinden sich keine evtl. störenden. Im Farbsaft enthaltenen Partikel am Pinsel. Mitunter lassen sich diese bei der Erzeugung der Saftfarbe auch durch das Filtern der selbigen nicht zur Gänze aus dem Farbsaft entfernen, bevor dieser in die Muschelschale gegeben wird. Das diese jedoch beim Trockenen der Farbe nach unten absinken, nimmt man sie bei der ersten Methode nicht mit dem Pinsel auf.

Jedoch kann man das auch bei der zweiten Methode vermeiden, indem man den Pinsel in der gelösten Farbe nicht bis auf den Grunde der Farbe eintaucht.

Wird die Muschelfarbe des öfteren verwendet, kann es sein das sich durch die wiederholte Wasserzufuhr irgendwann zu wenig Gummi arabicum in der Muschelfarbe befindet. In dem Fall muss bei der nächsten Verwendung anstatt reinem Wasser zur Farbaufnahme oder dem Einweichen, anstatt des reinen Wassers ein wenig Gummiwasser verwendet werden.

In Blasen eingetrocknete Saftfarben

Eine weitere Konservierungsmethode ist es, Saftfarben in Rinder- oder Schweineblasen eintrocknen zu lassen. Dazu wird der gewonnene Farbsaft in eine Rinderblase getan (Schweineblasen sind wesentlich einfacher zu besorgen), die Blase wird oben zugebunden und an einen luftigen, möglichst auch sonnigen Ort gehängt.
Dort müssen die Farben dann ziemlich lange verbleiben und das anschließende Ergebnis ist durchaus unterschiedlich. Wird zum Beispiel aus Brasilholz* gewonnen Farbe in die Blase gefüllt, bleibt eine harte Masse zurück, die bei Bedarf wieder gelöst und verwendet werden kann
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Im Fall von aus Ligusterbeeren gewonnen Farbsaft, entsteht irgendwann eine an Zuckerrübensirup erinnernde zähe Masse, die nicht weiter eintrocknet und sich Ewigkeiten hält. Auch ein Autor eines historischen Rezeptes erwähnt, das man sie Jahre lang verwenden kann.

Will man diese Masse zum Malen verwenden, entnimmt man, z.B. mit einem Stöckchen etwas davon und streicht diese in eine Muschelschale. Anschließend wird etwas Temperaturwasser (verflüssigtes Bindemittel) aufgegossen und das ganze so lange verrührt, bis es zu einer homogenen Flüssigkeit wird.
Mit dieser kann dann gemalt werden. Trocknet der gerade nicht mehr benötigte Rest in der Muschelschale ein, kann er zu einem späteren Zeitpunkt als Muschelfarbe weiter verwendet werden. Man sieht, am Ende wird alles zur Muschelfarbe 🙂